Plaue Kapelle und Orgel

Plaue

Kapelle St. Sigismund/ Maria Königin 


Die 2006 profanierte ("entweihte"), 2011 von der Stiftung erworbene Kapelle ist heute Sommersitz der kleinen Hufeisennase, einer bedrohten Fledermausart. Teile des Fundaments und der Apsis stammen aus dem 14. Jahrhundert. Damals wurde sie „St. Sigismund“ geweiht. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts war sie dem Verfall preisgegeben. Um 1730 bauten Plauer Bürger sie nach Krieg und Seuchen als Sühne wieder auf im heute sichtbaren protestantischen Barock. Um 1910 wurde sie mit Mitteln der Familie von Schierholz (PPM) saniert. Zwischen 1945 und Ende der 1950´er Jahre diente sie - in Folge kriegsbedingten Zuzugs vieler Katholiken - beiden christlichen Konfessionen.
1961 wurde sie von der katholische Gemeinde gekauft und als „Maria Königin“ neu geweiht.
Im Zuge der bis 1964 dauernden Umbauten wurde die alte Orgel im 2.ten Rang entfernt, die Zwischendecke eingezogen, eine neue Orgel im 1.Rang platziert und zur Abtrennung der Sakristei eine Faltwand eingebaut.
Die neue Orgel ist das Meisterstück von Wolfgang Nussbücker aus der Stadtilmer Orgelmanufaktur.
Ziel (langfristig): Herrichtung des Gebäudes in der Fassung von 1730, d.h. Freilegung aller Apsisfenster, Entfernung der Zwischendecke und Trägerverkleidungen, Wiederherstellung des 2.Rangs und Ausmalung der Spiegelfelder.
Optionales Ziel: soweit nach Abschluss der denkmalgemäßen Sanierung zulässig, ist die Nutzung als Kolumbarium möglich. An der Rückwand (Sakristei) könnten Nischen für ca. 250 Urnen geschaffen werden. Die Einbeziehung des Kirchenschiffes hieße auf kleinere Kulturveranstaltungen zu verzichten.
Zweck: Als Kolumbarium würde z.B. alleinstehend Kinderlosen die Sorge um die Pflege des eigenen Grabes genommen werden und – ganz profan – erhielte die Stiftung regelmäßige Einnahmen.
Nutzung: Kleinere Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, o.ä.,
Rückzugs- und Denkraum, um einen Gedanken in Ruhe zu Ende denken zu können, ohne gestört zu werden.
Zwecke: Denkmalschutz, Alte Handwerke wissenschaftlich begleitet, Tierschutz


 Nussbücker Orgel - Ein Meisterstück

Als die H I O B Stiftung SCHOP die Kapelle übernahm war die Orgel nicht spielbar.
 
Die Orgel stammt von der Firma Heinze, Stadtilm als Hersteller und ist das Meisterstück des Gründers des Mecklenburger Orgelbau Wolfgang Nussbücker. Sie wurde 1965 erbaut, möglicherweise unter Verwendung von Pfeifen der alten Barockorgel, von der noch der Blasebalg steht. Zu dieser war die alte Windmaschine defekt, weshalb bei der Sanierung in 2019 eine neue Windmaschine direkt neben dem Spieltisch im 1. OG installiert und die alte Maschine im 2.OG abgetrennt wurde.
Dank aufwändiger Restauration und Pflege durch seine Tochter und den Schwiegersohn im Sommer 2019 ertönte sie nach langem Dornröschenschlaf wieder am 3. Oktober 2019 und freut sich seither auf weitere Konzerte.

Impressionen der Orgelrestauration

Technische Fakten zu unserer Orgel

  • Wer war Maria?

    Maria, nach der Überlieferung die Mutter Jesu, des Gottessohnes und Erlösers konnte in Ihrer Bedeutung für alle Menschen Luthers Reformation nicht zum Opfer fallen. Auch Luther akzeptierte sie als die Erste, den bedeutendsten Menschen der Kirchengeschichte. 

    Ihre enorme Bedeutung für die Kirche und die Gläubigen früher und heute wird deutlich, an der Anzahl der Marienfeste, Gedenktage und Riten im liturgischen Jahreskreis, in der bildenden Kunst und in der Musik, und darüber hinaus religionsübergreifend anerkannt bei Juden, Christen und Moslems.

    Maria, die ohne Erbsünde empfangene (Regina sine labe originali concepta, 08. Dezember) Tochter von Anna ist die Mutter Jesu, des Heilands und Erlösers. Die Kunst entwickelte hieraus die Darstellungen einer älteren Frau, die eine jüngere Frau auf dem Schoß hat, die wiederum den Jesusknaben auf dem Schoß hat (Anna selbdritt).  

    Maria ist die ohne Ehemann Schwangere; die junge Frau mit Kind auf der Flucht nach Ägypten und dort heimatlos; die Mutter, die ihren 10-jährigen Sohn vermisst und wiederfindet, nachdem der im Tempel geblieben war; die Mutter, die feststellt, dass ihr heranwachsender Sohn anders ist, Prediger wird, Wunder tut, angefeindet, unschuldig verurteilt und gekreuzigt wird; eine Mutter, die ihren Sohn beerdigen muss (Piéta). 

    Kann eine Frau im Leben mehr Leid erfahren? Und kann sie, die das alles ertragen hat, nicht den Menschen aller Zeiten Mutter und Helferin in aller Not sein, diejenige, die tröstet, Kraft spendet und hilft durchzuhalten? 

    Und war es dann nicht nur ´fair´, dass Gott sie in den Himmel aufnahm? (Offb. 12,1) 

    Die derart bestätigte Krönung durch den dreieinigen Gott genießt höchste Legitimität. 

    Die Kirche feiert Maria Himmelfahrt, Regina in caelum assumpta, am 15. August und Maria Krönung, Königin des Himmels, Regina caeli, am 22. August. 

    Die Verehrung Mariens als Himmelskönigin entwickelte sich im ausgehenden Mittelalter. So stiftete Elisabeth von Österreich 1582 das Kloster St. Maria Königin der Engel in Wien. In der Lauretanischen Litanei, dem Lobgesang auf Maria, ist sie Königin der Patriarchen, der Propheten, der Märtyrer, der Bekenner, der Jungfrauen, u.v.m. …  

    Weitere Gedenktage sind Maria, Königin des Friedens, Regina pacis, am 9. Juli, 

    Maria, Königin der Apostel, Regina apostolorum, am 05. September, 

    Maria, Königin aller Heiligen, Regina sanctorum omnium, am 31. Mai. Dieser Gedenktag wird auch als Regina mundi, Maria, Königin der Welt, bezeichnet, was damit korrespondiert, dass eben nicht nur Verstorbene heilig sein können, sondern eben gerade auch die Lebenden „heilig sein sollen, wie unser Vater im Himmel“ (Paulus). 

    Weiterer Gedenktag ist Maria, Rosenkranzkönigin, oder Königin vom heiligen Rosenkranz, Regina sacritissimi rosarii am 7. Oktober. Der Rosenkranz ist die christliche Form der meditativen Gebetsschnur. Er dient der Anbetung Gottes und der Erinnerung an die wichtigsten Episoden im Leben Mariens, das in 3 x 5 Gesetze gepackt ist zum freudenreichen, tränenreichen und glorreichen Rosenkranz, (Gebetsdauer rd. 25 Min.) 

    Zudem sind Maria ganze Monate gewidmet, die sogenannten Rosenkranzmonate Mai, hier insbesondere die Dekade zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten, und Oktober. 

    Für die Woche gilt jeder Samstag als Marientag. Hier sagt die Überlieferung, dass an Samstagen auch bei schlechtestem Wetter für wenigstens 1 Stunde die Sonne scheint.

    Und schließlich erinnert an jedem Tag das Angelusläuten morgens um 6:00 Uhr, mittags um 12:00 Uhr und abends um 18:00 Uhr, was in der Musik einen reichen Schatz u.a.an Liedern hervorgebracht hat (z.B. Das Abendläuten). 

    Wie sehr Maria Teil des alltäglichen Lebens war, zeigt sich auch an alten Kochbüchern in denen sich als Zeitangabe das „Gegrüßet seist Du, Maria“ findet.


  • Wer war St. Sigismund?

    Auch wenn Luther das Heiligenwesen verdammte, was zwar den Bildersturm auslöste und die Zerstörung vieler Skulpturen und Bilder, nicht aber dieser Kapelle zur Folge hatte, und die Heiligen seit der Reformation der katholischen Kirche zugeschrieben werden, 

    für die Kapelle St. Sigismund in Plaue in halber Höhe zwischen Ehrenburg und Stadt sollte man wohl einfach von einer christlichen Prägung sprechen, schließlich zeigen die Archive, dass der Heilige (lat. Sanctus, kurz: St.) Sigismund, viel früher lebte und die Kapelle vor der Reformation bereits auf seinen Namen geweiht war. 

    Was bedeutet eigentlich heilig. 

    Der Apostel Paulus schreibt in seinen Briefen „seit heilig, wie euer Vater im Himmel“. Danach ist heilig eine jedem Menschen empfohlene innere Haltung. Heilige im Sinne des Kirchenrechts sind Menschen, die „zu Ehren der Altäre“ erhoben wurden und werden, weil sie ein signifikant gelungenes Leben gelebt haben und von den Gläubigen deshalb eine besondere Verehrung erfahren. 

    Also sind Heilige Menschen mit einem vorbildhaft gelebtem Leben, oder schlicht: Idole. 

    Nach dem ökumenischen Heiligenlexikon: Sigismund von Burgund

    Der Gedenktag des heiligen Sigismund fällt in der kath. Kirche allgemein auf den 1. Mai. In den Bistümern Sitten und München-Freising auf den 2. Mai, wobei München-Freising am 5. September zusätzlich an die Übertragung der Gebeine ins Wallis erinnert. 

    Der althochdeutsche Name Sigismund bedeutet: siegreicher Schützer

    St. Sigismund ist der Patron von Cremona (Italien) und wird um Hilfe gebeten bei Fieber, Sumpffieber und Bruchleiden.

    Bei der historisch belegten Person Sigismund handelt es sich um einen 474 in Burgund (Frankreich) geborenen, am 1. Mai 524 in Coulmiers (Frankreich) gestorbenen König. 

    Sigismund war der Sohn des  Königs von Burgund. Sein Vater Gundobald war Anhänger des Arianismus, einer sich von der christlichen Kirche abgespaltenen Lehre. Gegen den Willen seines Vaters ließ sich Sigismund von Bischof Avitus von Vienne christlich taufen. Sein Vorbild veranlasste viele Menschen sich vom Arianismus abzuwenden und sich auch christlich taufen zu lassen. 508 ernannte sein Vater Sigismund zum Mitregenten. 

    515 gründete Sigismund die Abteil St. Maurice d´Agaune und begann den Wiederaufbau der Kathedrale St. Pierre in Genf. Nach dem Tod seines Vaters folgte er diesem 516 als Alleinherrscher auf den Thron. 517 bei dem Konzil von Epao unterstützte er die Kirche bei strengen Maßnahmen  gegen die Arianer. 

    Sigismunds zweite Frau, eine Diener seiner ersten, der Ostgotenprinzessin Ostrogotha, verleumdete Sigismunds Sohn Sigrich, sodass Sigismund seinen Sohn als Empörer (Thronstreit) verdächtigte und 522 erdrosseln ließ. Als Sigismund seinen Fehler erkannte, bereute er seine Tat und erneuerte zur Buße das Kloster St. Maurice im Wallis. 

    Dorthin wollte er sich dann auch zurückziehen, als er zunehmend von inneren und äußeren Feinden bedrängt wurde. Dazu kam es nicht mehr. 523 wurde Sigismund vom Frankenkönig Chlodomir besiegt und gefangen genommen. Chlodomir ließ Sigismund, dessen Frau und Söhne Gislahad und Gundobald in Coulmiers bei Orléans in einen Brunnen stürzen. Sigismund gilt seither als Märtyrer. 

    Drei Jahre später, 526 bargen die Mönche des Mauritiusklosters Sigismunds Leichnam und die Gebeine seiner Söhne. Sie setzten sie in der Johannes-Kapelle von St. Maurice bei. 

    Bischof Gregor von Tours interpretierte das Schicksal Sigismunds als Besserung durch Gott und Buße der Schuld noch im Diesseits; auch die Heilerfolge von Messfeiern für Fiebernde in Sigismunds Namen bewiesen Bischof Gregor Sigismunds Aufnahme unter die Heiligen. 

    Kaiser Karl IV. erbat 1354 und 1366 Teile von Sigismunds Gebeinen für Prag und Freising. Seit dem strahlt die Verehrung des Heiligen bis nach Polen und Ungarn. 


    Warum St. Sigismund ausgerechnet für eine Kapelle in Plaue (Thüringen) 

    Ohne dass dies geprüft wäre:

    Wenn Kaiser Karl 1354 und 1366 Reliquien des Heiligen für Prag und Freising erbat und nach der Stadtgeschichte Plaue das Markt- und Zollrecht 1335 und 1345 von Bayerns Kaiser Ludwig als Freundschaftsbeweis zum Grafen von Schwarzburg erhielt, warum sollten die Reliquien Sigismunds auf dem Weg von München nach Prag nicht über die vielbenutzte Handelsstraße Nürnberg, Plaue und Erfurt gereist sein? 

    Kann nicht angenommen werden, dass die Kapelle nach der Burg errichtet wurde und bei der Reliquienprozession entweder gerade fertig war oder ihr Grundstein gelegt wurde?




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